Die Erforschung des Team-Racings
Wie es dazu kam:
Der Freundeskreis Klassischer Yachten fragte den Vorstand der Kressbronner Segler vor etwa einem Jahr an, ob der Club bereit wäre im 2023 eine Team-Race Regatta auszutragen und zwar auf Folkebooten, deren Riss ja aus dem Jahr 1942 stammt. Der Club war bereit und die Teilnehmenden an der Jahreshauptversammlung der Folkeboot Flotte Bodensee im November 2022 konnten sich für diese neue Art des Regattierens ebenfalls sofort begeistern. Geholfen hat da sicher die Information, dass das gegnerische Team der Deutschen aus Schottland, nämlich aus Mitgliedern der Royal Northern & Clyde Yacht Clubs stammte. Schnell waren acht Folkebooteigner/innen gefunden, welche ihr Boot für diesen Anlass im September 2023 zur Verfügung stellen wollten und das Organisationskomitee konnte mit der Arbeit beginnen.
Freitag, 8. September 2023:
Die acht Folkeboote, sechs aus Deutschland, zwei aus der Schweiz, waren im Hafen der Kressbronner Segler eingetroffen und die Schottischen (einige Engländer waren auch dabei) und Deutschen Segler/innen ebenfalls. Bei einem Barbecue erfolgten ein erstes Kennenlernen und damit die Gelegenheit, sich schon mal an den Schottischen Dialekt zu gewöhnen.
Samstag, 9. September, los geht’s!
Nach einem zeitigen Frühstück ging es für die acht Folkeboote auf die Piste und nach einiger Zeit des Wartens machte sich über dem See tatsächlich ein Hauch von etwas breit, was man mit einigem guten Willen als Wind bezeichnen konnte. Immerhin reichte es für eine verkürzte Wettfahrt. Die vier Boote mit dem blauen Band am Achterstag segelten an diesem Tag für Schottland, jene mit einem grünen Band für das Team Deutschland. Für jemanden wie mich, welche noch nie bei einer Team-Race Regatta mitgesegelt ist, spielten sich an diesem Tag ungewöhnliche Szenen ab. Mein Boot segelte an diesem Tag für Deutschland (also mit grünem Band) und obwohl wir als erste unseres Teams vor der Ziellinie standen, wäre es taktisch besser gewesen das Ziel noch nicht zu erreichen. Hier wäre die bessere Variante zurück zu segeln und zu versuchen eines oder mehrere Boote unseres grünen Teams nach vorne zu bringen, indem wir die blauen Teams so bedrängten, dass ihnen ein Ausweichmanöver aufgehalst wird. Ein radikales Umdenken war also gefragt! „Wer als erster durchs Ziel geht, hat schon verloren“, war die Aussage einer Schottischen Mitseglerin. Das muss man erst mal begreifen! Aber ja: Es ist ja eine Team-Regatta und wer den letzten seiner Gruppe „hängen“ lässt, hat punktemässig schon mal das Nachsehen. Auch wenn ich nach zwei Tagen Team-Racing nicht von mir behaupten könnte, dass ich die – teils ungeschriebenen – Regeln bis ins letzte Detail verstanden habe, so ist mir diese Art des Regattierens doch sehr sympathisch. Es geht insgesamt um die Gruppe und nicht jeder gegen jeden. Wie das beim Zieldurchlauf der einzelnen Boote dann genau gerechnet und bewertet wird, darf ich ja getrost den dafür Zuständigen überlassen. Am Nachmittag erfolgte dann nochmals eine Wettfahrt mit einem anderen Team. Da die Bootseigner/innen jede einzelne Wettfahrt als Vorschoter mitsegelten, gab es für sie jeweils nur eine kurze Verschnaufpause um die Mittagszeit. Aber bei all‘ der Aufregung und den neuen Eindrücken kam bei mir eh kein Hunger auf. Diesen sparte ich mir für das herrliche Abendessen beim Württembergischen Yacht Club im Seemoos auf. Das Ambiente auf der Terrasse des Clubhauses direkt am See, die Abendstimmung, der Sonnenuntergang, das ausgezeichnete Abendessen und die plötzlich ungewöhnlich edel gekleideten Segelkameraden hätten nicht eindrücklicher sein können! Ja, der auf der Einladung für diesen Abend aufgeführte Dresscode bereitete wohl dem einen oder anderen etwas Bauchschmerzen oder zumindest ein Stirnrunzeln, doch die meisten hielten sich daran. Wir zollten damit der Tradition in Britischen Yacht Clubs Anerkennung und zudem fühlte es sich auch einfach gut an, mal nicht in Segelhosen und T-Shirt unterwegs zu sein. Einige der Schotten trugen ihre Schottenröcke und da auch an diesem Abend kein Hauch Wind wehte, wissen wir immer noch nicht, was sie…. Na ja ihr wisst schon….
Sonntag, 10. September, der Tag der roten Flaggen
Wer gestern mit den grünen Bändern für den Freundeskreis Klassischer Yachten segelte, war heute mit Schottischen Seglern unterwegs. Dabei stand es für die Deutschen mit 0:2 gegen Schottland schlecht. Als Seglerin mit einem roten Schweizer Pass fühlte ich mich ja irgendwie zur Neutralität verpflichtet. Rot ist übrigens ein gutes Stichwort, denn rot war auch die Farbe dieses Sonntagvormittags. Oftmals waren die Boote dicht beieinander. Besonders bei der Leetonne gab es ein Gedränge mit Sandwichsituationen. Blöd nur, wenn man feststellt, dass sein Boot den Schinken im Sandwich repräsentiert! Ich fragte mich mehr als einmal, ob das Holz, das vor Jahren für mein Boot gefällt wurde, jetzt nochmals frisch geknackt würde. Es ging aber alles gut, da fast in Zeitlupe und weil auch immer genügend „beschuhte“ Füße bereit waren die Boote abzuhalten. Nur die roten Protestflaggen schnellten rasant und zahlreich in die Höhe. Insgesamt zehnmal allein an diesem Sonntagvormittag während der zwei gesegelten Wettfahrten. Fünf Proteste gingen von Schottischen und fünf von Deutschen Seglern ein. In der Mittagspause einigten sich die Protestierenden dann schnell, einfach und vor allem gütlich. Nämlich so: Alle zehn Protesteingaben wurden ohne Verhandlung fallengelassen und so konnte am Nachmittag zum fünften und damit letzten und wie sich später herausstellte, auch entscheidenden Wettkampf angetreten werden. Mittlerweile hatten sich auch die Neueinsteiger an die veränderte Taktik eines Team-Races gewöhnt. Es stand jetzt unentschieden zwischen Deutschland und Schottland, denn: „Heute lernten die Deutschen segeln“, wie ein Deutscher wörtlich sagte. Die Sonne prallte herab wie im Hochsommer und die Motorbootfahrer hatten zum Leidwesen der Regattierenden Hochkonjunktur. An diesem Nachmittag gab es nur einen Protest eines für Schottland segelnden Schweizer Bootes gegen die Mannschaft eines für den Freundeskreis Klassischer Yachten segelnden Bootes. Dieser eine Protest wurde verhandelt, die Sachlage war schnell klar und damit stand Schottland als Sieger des David Ryder Turner Cups fest.
Beim Abendessen im Restaurant „Max und Moritz“ oberhalb von Kressbronn lichtete sich dann der seit zwei Tagen über dem See stehende Dunst und endlich war auch das Südufer des Sees zu erkennen. So wurde den auswärtigen Gästen nebst der gut bürgerlichen Küche der Region auch eine fantastische Aussicht über den See geboten. Nach dem Essen gab es nebst dem Austausch von Geschenken einige Reden und Danksagungen. Um dieses tolle Wochenende durchführen zu können, bedurfte es vieler fleißiger Hände und das Geld einiger Sponsoren. Ohne diese beiden Gruppen wäre ein solcher Anlass überhaupt nicht durchführbar. Als Obfrau der Flotte Bodensee möchte ich mich deshalb hiermit bedanken bei:
Dem Organisationskomittee, welches schon Monate im Voraus aktiv war und auch noch in den letzten Minuten vor der Regatta einen überraschenden Ausfall eines krank gewordenen Eigners bewältigen musste.
Bei allen, welche im und ums Clubhaus gearbeitet, respektive uns bewirtet, gegrillt, eingekauft, abgewaschen und aufgeräumt haben. Besonders schätzte ich den Einsatz jener Seglerin, welche uns auf den Booten Übernachtenden am Freitag-, Samstag- und Sonntagmorgen extra ein Frühstück bereitet hatte. Elly, ohne deinen Kaffee wäre gar nix gelaufen!
Bei all‘ jenen, welche für uns auf dem Wasser waren, auf dem Start-/Zielschiff, auf den Schlauchbooten, jene, welche die Tonnen legten, jene, die sich als Schiedsrichter und als Regattaleitung zur Verfügung stellten.
Dann danke ich auch allen Eigner/innen, welche ihre Boote zur Verfügung stellten und sich damit in der für sie wohl eher ungewohnten Position eines Vorschoters wiederfanden.
Ein Dank geht auch an alle, welche dieses Team-Race finanziell unterstützt haben, denn: Ohne Moos nix los! Es sind dies der Freundeskreis Klassischer Yachten, die Firma Ultramarin, Meichle & Mohr, das Match Center Germany GmbH & Co.KG und Stefan Züst, Holzbootbauer aus Altnau.
Vielen Dank euch allen! Mir hat dieses Team Race großen Spaß gemacht! Daher für mich gerne mal wieder eine Neuauflage eines Team-Race!
Yvonne Begré, Obfrau der Folkeboot Flotte Bodensee